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Disclaimer: The characters Miss Parker, Sydney, Jarod, Broots etc. and the fictional Centre, are all property of MTM and NBC Productions and used without permission. I'm not making any money out of this and no infringement is intended.




Nicatlon-Serie
Teil 2
von Nicole





12/08/99
Sydneys Haus am White Cloud Lake
Blue Cove, Delaware
16:30Uhr

Sydney starrte auf das alte Schwarz-Weiß-Foto seines Bruders. Was würde wohl Jacob dazu sagen? Doch genau genommen interessierte es Sydney nicht. Diesmal - vielleicht das erste Mal in seinem Leben - traf er allein die Entscheidung.

Mitzitternden Händen öffnete er die kleine, purpurrote Schatulle. Das kalte Eisen der Waffe schien seine Hand nach unten zu ziehen. Für Sydney wog es so schwer, wie die gesamte Schuld seines Lebens. Soviel hatte er falsch gemacht. So viele Leben hatte er zerstört. Vielleicht findet man erst im Tod Erlösung, dachte er betrübt. Doch jetzt würde alles ein Ende finden.

Eines jedoch wollte Sydney noch erledigen. Um nicht Gefahr zu laufen, Angst zu bekommen und sein Vorhaben fallenzu lassen, rief er sich seine Fehler noch mal ins Gedächtnis. Leise flüsterte er zu sich selbst: "Bevor diese Kugel mein Herz durchbohrt, will ich wissen wofür. "Dann driftete sein Geist zurück; auf eine nasse, neblige Straße.



02/08/67
auf irgendeiner Landstraße
23:30Uhr

"Bemerkst du eigentlich nicht, was hier geschieht, Syd?", schmetterte Jacob. Erwar außer sich vor Zorn, Frustration und ... ja auch Angst. Sydney sah seinen Bruder entnervt an. Am liebsten hätte er losgebrüllt, doch er zähmte seine Zunge und sprach beruhigend: "Jacob, bitte! Nicatlon und ich, wir haben alles unter Kontrolle. Den Kindern wird nichts geschehen. Vertrau mir!" "Vertrauen.

Das ist ein Wort, an das du im Centre nicht mal denken darfst. Dort kannst du niemandem vertrauen!", erwiderte Jacob. Sydney dachte einen Moment über diese Worte nach. Vielleicht hatte er recht und selbst Nicatlon arbeitete für das Centre. Vielleicht hatte sie ihn belogen. Vielleicht wollte sie.... Rasch schüttelte Sydney den Zweifel ab.

Das tat er aber mehr zur eigenen Beruhigung, als aus Überzeugung. Plötzlich wurde Jacobs Stimme leiser, sanfter, ängstlicher, als er sagte: "Ich könnte es mir nie verzeihen, wenn Jarod, Kyle und Timmy etwas zustoßen würde." Sydney legte behutsam den Arm um seinen Bruder. Er respektierte seine Sorge, auch wenn er sie nicht verstand. Eine furchtbare Sekunde später war alles vorbei. Das warnende Aufblitzen der LKW-Scheinwerfer kam zu spät. Sydney bekam den Arm von Jacobs Schulter nicht mehr schnell genug ans Lenkrad. Der gellende Schrei war das Letzte, was sein Bruder je sagen sollte. "SYDNEEEYYY!!!!!!"



12/08/99
Sydneys Haus am White Cloud Lake
Blue Cove, Delaware
17:40Uhr

Schweißgebadet fuhr Sydney aus seinem Sessel hoch. Der Traum hatte so echt gewirkt. Und war er es nicht auch? Allgegenwärtig, selbst heute noch? Sydney nickte betrübt. Das Licht der langsam untergehenden Sonne tauchte das ganze Hausin warmes Rot.

Doch für den Psychiater war es das feurige Rot der Hölle, in der er sicher landen würde. Er dachte an die Message, die er Jarod geschickt hatte. Sie sollte erklären und entschuldigen, doch dazu wären tausend Worte nicht im Stande. Doch ehe sein Schützling die Nachricht lesen würde, wäre er schon im Jenseits. Wieder fiel der Blick des alten Mannes auf die bereit liegende Waffe. Wieder stiegen Angst und Zweifel in ihm auf. Rasch dachte er erneut zurück. In eine andere Zeit, in ein anderes Leben.



12/08/99
Greyhound Motel
Miami, Florida
16:50Uhr

Ich liebte es, wenn die Sonne mir so in den Nacken brannte. Gemütlich Zeitung lesend saß ich auf dem winzigen Balkon, der zu unserem Zimmer gehörte. Plötzlich erklang von drinnen ein surrendes Geräusch. Ich stand auf, um nach dem Computer zu sehen; denn ich kannte diesen seltsamen Piepton. Jarod hatte eine Mail erhalten. Unschlüssig, ob ich in seine Privatssphaere eindringen sollte, sah ich mich nach dem jungen Mann um. Als ich ihn nirgends entdeckte, drückte ich zwei Knöpfe und las mir die Nachricht durch.

Liebe Freunde,
es fällt mir schwer in Worte zu fassen, was ich in diesem
Moment empfinde. Ich habe in meinem Leben soviel falsch
gemacht, daß nicht einmal mein Tod das alles wieder richten
könnte. Und dennoch wähle ich nun diesen Weg. Wenn Ihr die
Nachricht lest, bin ich bereits in einer anderen Welt.
Es tut mir alles so unendlich leid. Bitte behaltet mich in
liebevoller Erinnerung; sofern Euch das möglich ist.
Lebt wohl, Euer Sydney

Wie vom Donner gerührt starrte ich auf den Bildschirm. Ein Abschiedsbrief. Selbstmord. Nein, das durfte nie geschehen! Es blieb keine Zeit mehr, um auf Jarod zu warten. Ich kritzelte rasch eine Nachricht auf ein Stück Papier, und machte mich auf zu dem Ort, wo ich Sydney vermutete.



28/01/71
TheCentre SL-15
Blue Cove, Delaware
02:45Uhr

"Michelle, was tust du um diese Zeit noch hier?", fragte Sydney verwirrt, nachdem er mit seiner heimlichen Geliebten auf dem dunklen Korridor zusammen gestoßen war. Sie blickte unsicher nach unten und suchte nach Worten. Als ihr keine plausible Erklärung einfiel, ging sie in die Offensive:"Das Gleiche könnte ich dich fragen. Es ist mitten in der Nacht." Der sonst so hellhörige Psychiater bemerkte Michelles Taktik nicht, und antwortete erklärend:" Ich bringe Jarod eine Tasse Brennnesseltee. Er ist erkältet." Jarod. Michelle verfluchte diesen Namen. Wegen ihm war sie ins Centre gekommen. Wegen ihm saß sie jetzt im Schlammassel.

Und außerdem beanspruchte er den Mann, den sie liebte, nahezu rund um die Uhr. Aber nicht jetzt. Der Moment des Geständnisses sollte nur ihnen beiden gehören.Sanft, und stets ängstlich umher blickend, packte sie Sydney an der Schulter und sprach: "Ich muss mit dir reden, mein Schatz. Ich bekomme ein..." Doch noch bevor sie zu Ende sprechen konnte, unterbrach Sydney sie genervt: "Tut mir leid, Chella, aber der Tee wird kalt. Wir können morgen über alles reden, ja?"

"Na dann will ich dich nicht aufhalten.", sagte sie traurig und trat zur Seite. Dann besann sie sich. Er musste es erfahren. Er musste wissen, wie die ihr gedroht hatten. Sie rief dem davon eilenden Mann hinterher: "Warte, Syd!" "Morgen, mein Liebling, wir reden morgen.", kam es zur Antwort. Nur wusste Michelle genau, dass es für sie beide kein morgen geben würde.



06/10/73
TheCentre Sydneys Büro
Blue Cove, Delaware
19:30Uhr

Der Psychiater war gerade mit der Durchsicht von Akten beschäftigt, als das Telefon klingelte. Er meldete sich wie immer mit: "Hallo, hier ist Sydney." "Syd, ich bin es, Nicatlon. Können wir reden?", fragte ich unsicher. "Für dich habe ich doch immer Zeit, Nicy. Schieß los!", erwiderte er, wie selbstverständlich. Das war zwar keine Antwort auf den Hintergrund meiner Frage, aber er hatte mich anscheinend falsch verstanden. Lange suchte ich nach Worten, bevor es endlich aus mir heraus sprudelte: "Ich habe etwas Furchtbares erfahren. Kennst du Kyle und Timmy?"

"Aber natürlich. Sie waren Testpersonen im Pretenderprojekt. Beide sind vor einiger Zeit entlassen worden.", antwortete Sydney und fragte sich, auf was dieses Gespräch hinauslaufen würde. Aufgeregt redete ich weiter:"Waren? Das ist die falsche Zeitform. Sie sind es. Man hat sie nur offiziell entlassen. In Wirklichkeit werden sie noch irgendwo im Centre festgehalten und zu geheimen Experimenten missbraucht."

"Oh Nicatlon, ich bitte dich! Du schaust zu viele Spionagefilme. Und selbst wenn es so wäre. Wo sollte man sie untergebracht haben?", fragte Sydney mehr genervt als interessiert. Meine Aufregung schwand und reine Logik rückte nach. Eigentlich hatte er ja recht. Wo und warum sollte das jemand tun? Aber ich konnte mir auch nicht vorstellen, dass dieser aufgeregte Mann namens...äh...Fenigor gelogen haben sollte. Um meine Unsicherheit zu überspielen ging ich in die Offensive: "Aber eines sage ich dir. Wenn Jarod etwas zustößt, dann bringe ich dich eigenhändig um." Bevor er gelangweilt auflegte, sagte er: "Gut, die Wette gilt."



12/08/99
Sydneys Haus am White Cloud Lake
Blue Cove, Delaware
21:26Uhr

Erneut erwachte Sydney aus diesem Dämmerzustand, der eher einer Trance als einem Schlaf ähnelte. Er war so blind gewesen für die Warnungen seiner Freundin und seiner...Michelle. Seine geliebte Frau. Er hatte sie allein gelassen, zwar unwissentlich, aber er hatte es getan. Dabei hätten sie und sein Sohn Niclas ihn gerade in dieser Zeit des Umbruchs so sehr gebraucht. Und dann Nicatlon.

Er
wünschte sich, sie hätte ihr Versprechen gehalten. Dann müsste er jetzt nicht den Mut aufbringen, es selbst zu tun. Nun war es also soweit. Sydney ergriff die Waffe und betrachtete sie noch einen Augenblick. Es schien ihm alles so furchtbar entgültig. Entschlossen richtete er die Waffe auf seine Brust. Mit geschlossenen Augen und einen letzten, tiefen Atemzug tätigend, erwartete er das Eindringen der Kugel in seinen Leib. Er legte die Hand an den Abzug und.... "Nein! Tu es nicht!", rief ich, während ich fast die Tür aus ihren Angeln riss.

Erstarrt blickten wir einander eine Zeit lang an. Dann ließ Sydney die Pistole langsam sinken. Sein Gesichtsausdruck wurde ärgerlich, als er mich fragte: "Was zum Teufel tust du hier?" "Ich versuche, dich vorm größten Fehler deines Lebens zu bewahren.", gab ich zur Antwort. Ein höhnisches, fast bizarr wirkendes Auflachen drang aus seiner Kehle. Doch schon wurde sein Blick wieder traurig, als er antwortete: "Den größten Fehler meines Lebens? Dafür kommst du 25 Jahre zu spät. Ich habe damals nicht auf dich gehört. Warum sollte ich es heute tun?" Erst da wurde mir klar, dass Sydney sich viele Gedanken gemacht haben musste.

Mein Blick schweifte durch das Fenster in die Dunkelheit. Die Worte, die ich nun sprach, schienen in dieser Schwärze zu versinken: "Alles was geschehen ist. Alles was DIE getan haben. Es ist nicht deine Schuld." Tränen begannen über die glühend heißen Wangen des alten Mannes zu laufen. "Ich hätte etwas tun können; tun müssen.", sein Stimme klang müde und ich begann unmerklich vor Angst zu zittern. Schließlich beschloss ich meine Strategie zu ändern.

Energisch aber sanft begann ich zu sprechen: "Oh ja, du hättest etwas tun können. So wie Cathrine, Fenigor oder
Jacob etwas getan haben. Verdammt Syd, dann wärst du jetzt tot!" Ich hielt inne,
um ihn antworten zu lassen. Doch als seine Augen nur drohend aufblitzten, er
aber ansonsten schwieg, redete ich weiter: "Erinnerst du dich noch, was du vor
über 30 Jahren genau an diesem Ort zu mir gesagt hast? Du sagtest:`Ich will dich
nicht, wie Cathrine, verlieren, Nicy´ Und jetzt will ich dich nicht verlieren."
Nun kamen auch mir die Tränen. Dieses Gespräch hatte nichts mehr mit der Verhandlung mit einem Suizidgefährdeten zutun.

Es war die ehrliche Bitte an einem
alten Freund. Sydney sah wie mir zumute war und kam langsam auf mich zu. Er hob sanft meinen etwas gesenkten Kopf, sah mir scharf in die Augen und sagte: "Ich habe den Freitod gewählt, und glaub mir, das fiel mir nicht leicht. Mach es mir doch nicht noch schwerer!" "Sydney, wenn du stirbst, wird sich nichts verändern! Ohne dich hätte ich Jarod nie befreien können. Ohne dich wäre Angelo nie - auch nicht für ein paar Stunden - in die Welt der Normalen zurück gekehrt. Wir alle brauchen dich. Lerne endlich dir selbst zu vergeben!", ich sprach ruhig und gleichmäßig, doch innerlich bebte ich vor Erregung.

Traurig wandte er den Kopf,
bevor er, mehr zu sich selbst als zu mir, flüsterte: "Erst muß das Opfer dem Täter vergeben, und dann Gott." "Also ich weiß nicht, wie Gott das sieht; aber ich habe dir schon lange vergeben, Syd!", sagte eine, mir nur zu sehr bekannte Stimme von draußen. Jarod. Er ging schnurstracks auf seinen Mentor zu und nahm ihn so fest in die Arme, als wolle er ihn erwürgen. Mir fielen tausend Gründe ein, warum Jarod nicht hätte hier sein dürfen. Doch als ich die Beiden so innig vereint und glücklich sah, verblassten eben diese zu schattenhaften Silhouetten. Und so schwieg ich und ließ die Tränen der Freude, die sich in meinen Augen ausbreiteten, ungehindert laufen.

Schließlich erhob Jarod das Wort: "Wie konntest Du auch nur daran denken, Syd? Ja, in manchen Momenten - besonders wenn ich einsam war - habe ich dir die Schuld an allem gegeben. Doch das waren Gedanken, geboren aus Ratlosigkeit und Furcht. Ich liebe dich doch, Sydney. Wie ein Sohn seinen Vater liebt; und vielleicht sogar noch mehr." Plötzlich kam ein Wagen den Weg rauf gefahren. Ich brauchte nicht lange, um die schwarze Limousine als Center-Eigentum zu identifizieren. "Schnell, wir müssen hier weg!", brüllte ich.Die Tür ging und Raynes kam rein. "Hab ich sie bei irgendwas gestört, Doktor?", fragte er scheinheilig. Der Psychiater antwortete: "Nein, ich habe nur in Erinnerungen geschwelgt." Dann blickte er hinaus in die Dunkelheit, die seine beiden Freunde in letzter Minute schützend umhüllt hatte.





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