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Disclaimer: The characters Miss Parker, Sydney, Jarod, Broots etc. and the fictional Centre, are all property of MTM and NBC Productions and used without permission. I'm not making any money out of this and no infringement is intended.




Nicatlon-Serie
Teil1
von Nicole







21/04/96
TheCentre SL-26
Blue Cove, Delaware
22:07Uhr

Als ich endlich den schweren Betondeckel des wohl einzigeigen unüberwachten Eingangs ins Centre, der Luftschächte, wegbugsiert hatte, gähnte mich eine schwarze Leere an.

"Was tue ich hier eigentlich?", fragte ich mich zum x-ten Mal an diesem kühlen Abend. Bis jetzt war alles - mehr oder weniger - ohne Probleme verlaufen, doch die größte Hürde stand noch bevor. Ich hatte schon viele Menschen in ein neues Leben begleitet, doch eine Befreiungsaktion war selbst mir neu. Was wenn... Rasch schüttelte ich den Zweifel ab und sah auf die Uhr.

22:10Uhr; das Schauspiel konnte beginnen. Ich stieg eine rostige Leiter hinab und fand mich sogleich in einem gewaltigen Windkanal wieder. Die Ventilatoren liefen auf Hochtouren.

"Verdammt!", fluchte ich gegen die Windböen kämpfend, "Auf Broots ist auch kein Verlass mehr." Schon wurde der Luftzug geringer. Ich hatte offenbar vorschnell geurteilt. Langsam kroch auf die Rotorblätter zu, die mittlerweile stillstanden. Ich passte nur knapp durch den Zwischenraum, doch es gelang. Aber eines hatte ich in der Eile der vergangenen Stunden nicht bedacht:

Wie sollte ich in diesem Labyrinth den Gang finden, der zu Jarods Unterkunft führte? Aus meinen Gedanken riss mich ein wimmerndes Stöhnen. Ich folgte dem Geräusch einige Meter und erblickte eine vor mir hockende, gedrungene Gestalt. Angelo. Oder war es Timmy? Er packte mich am Arm und deutete mit hektischen Gesten, dass ich ihm folgen solle. Hatte dieser arme Irre etwa von unserem Plan erfahren? Egal, wir konnten jeden Verbündeten gebrauchen. Also folgte ich ihm - der wieselflink dahinschoss - durch die dunklen Schächte. Sie erinnerten mich mehr an die Hölle, als es ein Vulkankrater je vermocht hätte. Während wir links abbogen, ließ ich den gestrigen Tag noch einmal Revue passieren.



20/04/96
Apartment 7b
Philadelphia
5:30Uhr

Der Wecker riss mich aus süßen Träumen. Als ich ihn endlich ertastet hatte, warf ich ihn gegen die Wand. Dennoch zwang ich mich aus dem Bett. Als ich schlaftrunken den Briefkasten öffnete, lagen darin die ersehnten Akten. Ich hatte Sydney gebeten, Nachforschungen anzustellen. Und deren Ergebnis hielt ich jetzt in den Händen. Der wahre Grund für Jarods Simulationen: militärische und "private" Zwecke. Ich warf die Kaffeemaschine an und sah sogleich die Papiere durch.

Die Schlimmsten, also die, bei denen die meisten Menschen getötet wurden, wollte ich dem Pretender zukommen lassen. Das war von langer Hand geplant. Jarod musste genug Hass gegen das Centre aufbauen, um die Strapazen einer langfristigen Flucht durchzustehen. Das Telefon klingelte. Am anderen Ende meldete sich eine aufgekratzte Stimme:

"Nicatlon? Hier ist Sydney. Es ist etwas furchtbar schiefgegangen
Daymon - du weißt doch, der den wir engagiert haben, damit er Jarods Freund, dem
Hausmeister, ins Bein schießt - ist durchgedreht und hat den armen Jungen
erschossen." Mein erster Gedanke erschreckte mich: Die Akten brauchen wir jetzt
wohl nicht mehr.

"Jarod weigert sich, seine Arbeit wieder aufzunehmen und ist jedem gegenüber äußerst aggressiv. Ich habe ihn mit Medikamenten ruhiggestellt, aber wenn der Tower davon erfährt, bringen sie ihn in den H-S-T. Dann kriegen wir ihn hier nie raus!", fuhr er aufgeregt fort. Er schrie so laut, als ginge es
um sein eigen Fleisch und Blut. Langsam fragte ich mich, ob er Jarod dafür hielt. "Beruhige dich, Syd! Das ist eine unvorhergesehene Komplikation und wirft
unsere ganzen Pläne über den Haufen, aber es ist nicht das Ende der Welt. Die
Rettung muss morgen steigen.

Ich lass ihn keinen Tag länger da drin. Ich kümmere mich um alles. Sorge du morgen Nacht für Verwirrung!" Mit diesen befehlartigen Worten legte ich auf. Mein Optimismus schwand schnell, als mir unendlich viele Dinge einfielen, die zum Problem werden könnten. Zuerst musste ich einen Weg finden, ins Centre zu gelangen; und auch wieder raus.

Mit keuchender Stimme, um wie Raynes zu klingen, rief ich im Tech-Room an:"Hallo, Mr.Broots, wie geht es ihrer
kleinen Tochter? Oh gut! Wenn sie wollen, daß das so bleibt, schalten sie morgen von 22:10Uhr bis 22:30Uhr die Ventilatoren auf SL-26 ab. Im Übrigen vergessen sie meinen Anruf." Als ein verängstigtes "Jawohl, Mr.Raynes...äh...Sir." erklang, atmete ich erleichtert auf. Ein Lächeln huschte mir übers Gesicht, als mir in den Sinn kam, dass Jarod das mit seinen Pretenderfähigkeiten hätte nicht besser machen können. Als Nächstes telefonierte ich rum, um einen Fluchtwagen und ein vorläufiges Versteck für uns zu besorgen. Erst als ich Auto saß, um mich auf den Weg nach Blue Cove zu machen, wurde mir klar, dass ich mich auf einen David-gegen-Goliath-Kampf eingelassen hatte. Und dabei war meine Rolle garantiert NICHT die des Riesen.



21/04/96
TheCentre irgendwo in den Gängen
Blue Cove, Delaware
22:16Uhr

Angelos Schläge gegen eins der Gitter, die in die einzelnen Sub-Level führten, holten mich zurück in die Gegenwart. Sofort wusste ich, wo wir uns befanden; nämlich mitten im Nichts. Eine Stimme rief wütend von unten herauf: "Hey, was ist da oben los? Ich will schlafen." Diese wenigen und im Zorn gewählten Worte weckten eine grausame Erinnerung in mir.

Jarod wusste es wahrscheinlich nicht mehr, aber genau die gleichen Worte hatte er vor dreißig Jahren schon einmal zu mir gesagt. Bilder stiegen in mir auf und tausend ungeweinte Tränen brannten mir in den Augen. Ich wandte den Kopf, um diese lästigen Gedanken zu bezwingen, doch es gelang mir nicht. Angelos verwirrte Blicke kamen mir vor, wie durch dicke, weiße Schwaden geschickt; gesponnen aus den Fäden der Zeit. Mein Geist driftete unaufhaltsam in die Vergangenheit.



25/12/68
Sydneys Haus am White Cloud Lake
Blue Cove, Delaware
14:45Uhr

"Das ist nicht dein Ernst, Syd! Ich soll dem Jungen sagen, daß er nicht den Mut verlieren soll, und dass wir ihn, wenn die Zeit gekommen ist, rausholen?", brüllte ich verständnislos. Mit einer zornigen Handbewegung fegte ich einen gusseisernen Kerzenhalter vom Tisch. Das Gefühl, machtlos zu sein, frustrierte mich.

Sydneys, für einen Psychiater typische, Gelassenheit brachte mich noch mehr in Rage. Wie konnte er bei der Entscheidung um das Leben eines Kindes nur so ruhig bleiben? Um Fassung bemüht, sprach ich: "Und wer entscheidet, wann es soweit ist? DU etwa? Wie kannst du dir das anmaßen?" Jetzt wurde auch er laut: "Ich kenne Jarod besser als du! Wenn er erwachsen ist, wird er der Welt eine Bereicherung sein.", sagte er zornig, doch mit einem Funken Stolz. In meinen Augen war das falscher und gefährlicher Stolz.

Als Sydney den wahren Grund meiner Bedenken erkannte, wurde seine Stimme sanfter: "Keine Sorge, Nicy. Ich passe auf ihn auf. Jarod hat eine starke Seele. Die Jahre im Centre werden ihm nichts ausmachen." Die wohl gewählten Worte beschwichtigten meine Zweifel, doch ganz war ich noch nicht überzeugt. "Warum können wir ihn nicht schon jetzt da rausholen?", fragte ich unter Tränen.

Sydneys Blick wanderte zum Fenster. Es hatte angefangen zu schneien, doch für mich fielen die Flocken ins Leere. "Dafür gibt es zwei Gründe.", begann er nachdenklich, "Erstens: Es würde ein ungeheures Potenzial verloren gehen. Weißt du, ich habe einen Traum. Wenn Jarod im Centre seine Fähigkeiten zu begreifen gelernt hat, kann er Menschen damit helfen."

Nachdem er
offenbar nicht vorhatte weiter zu sprechen, fragte ich neugierig: "Und zweitens?" Seine Stimme wurde leise, ja fast ängstlich, als er sagte: "Die Sache mit Catherine. Sie versuchte, die Kinder zu retten und wurde umge....äh.. starb. Ich will dich nicht verlieren, Nicatlon!" Mit dem Argument über Mrs.Parker hatte Syd bei mir ins Schwarze getroffen. Ich hatte panische Angst vor dem Tod und wollte dieses Risiko nicht - noch nicht - eingehen. "Na dann, fröhliche Weihnachten!", sagte ich möglichst sarkastisch, um meine Unsicherheit zu kaschieren, und verließ das Haus.



25/12/68
TheCentre SL-21
Blue Cove, Delaware
21:10Uhr

Ich starrte durch das Lüftungsgitter in einen kleinen Raum, der mich an die Gefängniszellen von Alcatraz erinnerte. Auf dem Boden saß ein etwa zehnjähriger Junge und wippte apathisch hin und her. Tränen, geboren aus Wut, traten in meine Augen. Wer gab denen das Recht, das Leben eines Kindes zu stehlen?

Ich kämpfte
den aufkeimenden Hass zwar nieder, musste dabei aber wohl etwas laut geworden sein. Langsam erhob Jarod sich und knurrte, wie ein geprügelter Hund: "Hey, was ist da oben los? Ich will schlafen!" Mein Zorn wurde zu Panik. Was sagt man einem misshandelten Kind? Etwa so etwas, wie: Wir könnten dich befreien, wollen es aber nicht. Vorsichtig formten meine Lippen jene schicksalhaften Worte: "Hallo Jarod, mein Name ist Nicatlon.

Ich weiß, du kennst mich nicht, aber ich bin ein Freund von Sydney. Hör mir jetzt bitte gut zu! Du brauchst keine Angst zu haben. Sydney wird dich immer beschützen. Verlier nie die Hoffnung auf Freiheit! Wenn die Zeit gekommen ist, wirst du diese Stimme noch einmal hören. Doch dann werde ich dich befreien." Verwirrt blickte er das Gitter an, hinter dem ich mich verbarg.

"Ich gehöre hierher. Warum wollt ihr mich befreien?", fragte er in seiner kindlichen Unwissenheit. Das wirst du bald zu spüren bekommen, dachte ich, sagte aber stattdessen: "Das kann ich dir jetzt nicht erklären. Vergiss nie, was ich dir gesagt habe!" Mit diesen Worten drehte ich mich um, und schlich den Gang entlang in Richtung Ausgang. Mir schien, dass ich mehr Angst vor Jarods fragenden Blicken hatte, als vor dem Tod. Ein letztes Mal hielt ich inne und überlegte. Sollte ich nicht alle Vorsicht über Bord werfen und ihn mitnehmen? Doch dann beschlich mich wieder die alte Feigheit, und ich beeilte mich nach draußen zu kommen. Kurz bevor ich an die abendkühle Luft trat, überkam mich das lähmende Gefühl, den größten Fehler meines Lebens gemacht zu haben.



21/04/96
TheCentre SL-21
Blue Cove, Delaware
22:20Uhr

Als ich aus dem tranceartigen Zustand erwachte fühlte ich mein Gesicht heiß und tränenüberlaufen. Diese Bilder hätten sich mir nicht aufdrängen dürfen. In dieser heiklen Situation war absolute Kontrolle lebenswichtig. Damals dachten Sydney und ich, wir hätten eben diese Kontrolle. Wenn etwas schiefläuft, könnten wir Jarod jederzeit rausholen, so glaubten wir. Doch diese Macht - falls wir sie je besaßen - hatten wir längst verloren; und zwar nicht seit der Sache mit Daymon.

Erst jetzt bemerkte ich, dass Angelo mich immer noch anstarrte. Mit dem müden Versuch eines Lächelns schob ich ihn sanft zur Seite und trat das Gitter ein. Jarod fuhr erschrocken hoch und starrte mich entgeistert an. Geschmeidig ließ ich mich herunter gleiten und landete sicher auf den Füßen. Mein Rücken dankte mir diese akrobatische Einlage mit einem protestierenden Knacken. Dennoch runzelte Jarod bewundernd die Stirn. Offenbar hatte er mein graues, dauergewelltes Haar entdeckt und dachte, die ist noch ganz fit für ihr Alter.

Ich konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen, wurde aber gleich wieder ernst und fragte: "Hast du diese Stimme vergessen, Jarod?" Traurig wandte er sich ab. In seinen Augen sah ich den gleichen Kummer, wie... Nein, nicht schon wieder diese Gedanken! Energisch rief ich mich zur Ordnung. Mich traf keine Schuld; jedenfalls nicht, wenn ich die Sache hier und jetzt bereinigte. Aber gab es so etwas wie Wiedergutmachung überhaupt?

Jarods Antwort riss mich aus diesen quälenden Gedanken. "Ich habe es versucht, weil ich dachte, sie hätte mich vergessen.", sagte er betrübt. Auch wenn es vielleicht gar nicht Jarods Absicht war, trieben mir
diese Worte die Schuldgefühle wie Peitschenhiebe zurück ins Gedächtnis. Ablenkung musste her, und zwar sofort. Ich ging ein paar Schritte auf Jarod zu, doch als er seinerseits zurückwich, blieb ich stehen. Die Enge des Raumes schien uns Beide zu erdrücken.

Auf dem Tisch standen ein paar lächerliche Spielsachen und an der Wand hingen drei anklappbare Projektionstafeln, die offensichtlich den Simulationen dienten. Beschwörend und - wie ich hoffte - auch beruhigend begann ich zu sprechen: "Ich weiß, was mit deinem Freund geschehen ist und möchte sagen, dass es mir leid tut." Ich machte eine Pause, um Jarod die Möglichkeit zur Antwort zu geben. Als er schwieg und sein Blick ins Leere fiel, redete ich weiter:

"Du sinnst sicher auf Rache, Jarod. Und die wirst du auch bekommen, aber erst mal müssen hier raus. Broots hat die Ventila..." Plötzlich unterbrach mich Jarod: "Warum erst jetzt? Warum nicht, als ich noch ein Kind und das alles nicht geschehen war?" Weil ich ein Feigling war! Weil ich mich von Sydney hab unterbuttern lassen! Weil ich blind war für alle Dämonen, die dich bedrohten!

Ich hätte meine Gedanken so gerne in Worte gefasst, doch ich konnte es nicht. Jarods Tonfall ließ vermuten, dass er lange über diese Frage nachgedacht hatte, sie aber erst jetzt stellte, da er selbst keine Antwort fand. Aus lauter Hilflosigkeit begann ich aus einem Buch zu zitieren, dass ich irgendwann einmal gelesen hatte: "Du musstest erst durch die Hölle gehen, um den Himmel zu erkennen."

Jarod starrte mich verwirrt an. Schnell folgte Teil zwei des Plans. Stumm hielt ich ihm die Akten hin, die ich von Sydney bekommen hatte. Als er die ersten Zeilen las, fielen ihm die Papiere vor Schreck aus der Hand. Sein Gesicht wurde bleich. Um ihn nicht an irgendeine Simulation zu verlieren, begann ich rasch zu sprechen: "Das muss aufhören! Es dürfen nicht noch mehr Menschen sterben. Komm mit mir, Jarod! Schnell!"

"Wie sollen wir entkommen?", fragte er. "Die Ventilatoren sind noch fünf Minuten abgestellt. Wir müssen uns beeilen!", erwiderte ich hastig. Jarod ließ den Blick noch einmal durch den Raum schweifen, der über dreißig Jahre lang sein Zuhause gewesen war. Mit einer nostalgischen Träne in den Augen folgte mir der Pretender in den Luftschacht, wo Angelo noch immer auf uns wartete. Wir machten uns auf den Weg Richtung SL-26.

Ich war diesen Weg schon einmal gegangen;
vor tausend Ewigkeiten. Diese Erinnerung abschüttelnd, sah ich zielstrebig nach vorn. Plötzlich spürte ich einen Unheil verheißenden Luftzug. Nein, das durfte nicht wahr sein! Vor den Ventilatoren mussten wir abrupt stoppen. Sie waren in vollem Gange. Wir kamen zu spät. Als ich mich zu Jarod umdrehte, konnte der meinen angsterfüllten Blick deuten. Wir saßen in der Falle. Sie würden kommen, uns finden und uns töten.

Meine schlimmsten Alpträume wurden Wirklichkeit. Einen kraftraubenden Augenblick lang gab ich Jarod dafür die Schuld, obwohl das absurd war. Oh Gott, warum hatte ich ihn nicht schon damals mitgenommen? Als ich hinter mir ein kratzendes Geräusch hörte, wappnete ich mich innerlich für einen Kampf. Diese Bastarde sollten erst mal zeigen, was sie können. Ich wollte schon herumfahren und auf die Person losgehen, als ich meinen Irrtum bemerkte. Es war Angelound er bedeutete uns, ihm zu folgen. Er führte uns durch dunkle Gänge, vorbei an Räumen, aus denen Frauenschreie oder Stromblitze, die Kinderkörper zum Zucken brachten, drangen.

Auf einmal brach ein gewaltiges Getöse los. Wir hielten inne und lauschten. Es dauerte eine Weile bis ich realisierte, dass das Ablenkungs-Manöver war, um das ich Sydney gebeten hatte. In vier Sub-Leveln wurde gleichzeitig Alarm ausgelöst. Unzählige Sweeper rannten verstört von einem zum nächsten nd mussten feststellen, dass nicht das Geringste los war. Gar nicht so schlecht, dachte ich amüsiert. Endlich kamen wir an einen mir unbekannten Ausgang.

Angelo lebte schon so lange in diesen Katakomben, dass er sie, wie seine Westentasche kannte. Als Jarod nach mir in die sternenklare Nacht hinaustrat, klappte seine Kinnlade runter. Er ging ein paar Schritte als Hans-guck-in-die-Luft. Mir kamen meine Erinnerungen wieder in den Sinn. Ich hatte einmal einen Menschen hier zurück gelassen und es dann bitter bereut. Langsam drehte ich mich zu Angelo um und sah in seine bernsteinfarbenen Augen. Während ich ihm die Hand reichte, sagte ich leise, so als könnte ich etwas Kostbares zerstören: Komm mit uns in die Freiheit, mein Freund!"

Dann fiel mir auf, dass er uns ja den Ausgang gezeigt hatte. Er hätte schon oft fliehen können, doch er wollte es nicht. Diesmal - vielleicht das erste Mal in seinem Leben - traf er die Entscheidung. Mit einem Lächeln wandte ich mich zum Gehen, als mich eine Stimme erstarren ließ: Ich kann nicht gehen. Wenn die herausfinden, dass Sydney den Alarm ausgelöst hat, bekommt er Ärger.

Sie sollen glauben, ich war’s." Mit diesen Worten verschwand der verkannte Held wieder im leibhaftigen Höllenschlund. Eine Träne der Hochachtung rann über mein Gesicht. Doch mir blieb nur wenig Zeit für wehmütige Anwandlungen. Schon kamen die ersten Sweeper ins Freie gerannt. Ich schnappte mir Jarod und wir rannten zum bereitgestellten Fluchtfahrzeug. Der Wagen heulte durch den Kaltstart kurz auf, schnurrte dann aber, wie ein zahmer Tiger. Alles war perfekt. Einletzter Blick in den Rückspiegel, bevor wir auf der Landstraße in die Freiheit fuhren. Diese Folterkammer würde mich nie wiedersehen.


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