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Die meisten Figuren dieser Geschichte gehören nicht mir, wem auch immer,mir nicht! Die anderen, die mir gehören, gehören mir ganz allein! DieseGeschichte wurde geschrieben, weil ich gerne schreibe, nicht weil ich damit Geld verdienen will!



Die vergessene Akte
Teil 12
von Dara








Parker konnte sich einfach nicht konzentrieren, einmal mehr dachte sie an die Minuten in dieser Höhle zurück. Unbewußt strich sie mit ihren Fingern über ihre Lippen.

"Wenn ich es nicht besser wüßte, könnte ich schwören, ich kann ihn noch riechen", flüsterte sie leise zu sich selbst.

Sie saß in ihrem Büro; schon über eine halbe Stunde starrte sie auf den Computer, der nur die fließenden Bewegungen des Bildschirmschoners zeigte. Sie registrierte es gar nicht.

***

"Verdammt, ich will endlich wissen, was da unten passiert ist!" Jarod fluchte laut auf. Schon seit Stunden zerbrach er sich den Kopf, ob diese vagen, undeutlichen Bilder Frequenzen aus der Realität oder Halluzinationen waren.

Sam lachte leise.

"Das kann ich mir vorstellen, endlich hast du mal Parker ganz für dich allein und dann beißt dich so ein Giftvieh!" Sie kicherte.

"Na ja, ich kann mich nicht erinnern, und Parker erzählt mir garantiert nicht..."

"Du könntest sie ja mal fragen?!" Sam sah ihn mit einem spitzbübischen Grinsen an.

"Klar: Hallo Parker, du, ich weiß nicht mehr, haben wir uns..." Jarod unterbrach sich.

"Geküßt?" beendete Sam den abrupt unterbrochenen Satz, und sie genoß die Situation sichtlich.

"Ja! Geküßt!"

"Du mußt sie ja nicht direkt fragen." Er sah Sam an, sie blickte herausfordernd zurück.

Ein Lächeln spielte sich auf sein Gesicht: "Genau, indirekt geht auch."

"Genau." Nun grinsten sie beide breit übers ganze Gesicht.

***

Das Telefon klingelte, und Parker wurde aus ihren Träumen gerissen. Wütend griff sie den Hörer.

"Was?" Ihr Ton hätte in diesem Moment Stahl zerschneiden können, doch an ihrem Vater schien es abzuprallen. Wie eh und je ertönte seine Stimme, tief und so krankhaft falsch, daß sich Parker vor Abscheu schüttelte. Wieso hatte sie das früher nicht so gestört?

"Engelchen, ich habe gehört, daß du Jarod gesehen hast. Bringst du den Bericht zu mir?"

"Ich bin noch nicht fertig." Sie hatte noch nicht einmal die Kraft, den Tonfall in den sonst typischen Daddy-ich-will-daß-du-stolz-bist-Ton zu verwandeln.

"Dann beeil dich, Engelchen." Er legte auf.

Sie verzog angewidert das Gesicht und versuchte, sich wieder auf den PC zu konzentrieren. Sie verkreuzte ihre Finger und dehnte sie, bis sie knackten.

"Dann wollen wir mal Daddy einen Bericht schreiben!" Sie lehnte sich zurück und begann zu tippen. Dabei mußte sie an Sams Worte denken: Entscheidungen. Für wen würdest du dich entscheiden?

Am allerschlimmsten war für sie, daß sie es ihm zutrauen würde. Er hatte seine eigene Tochter in Gefahr gebracht, nur um sich ihrer Loyalität gegen das Centre zu überzeugen. Sie hatte immer das Gefühl gehabt, daß sich ihr Vater jemand anderen gewünscht hatte, einen Sohn. Oder, daß sie noch besser wäre und noch härter. Sie konnte nie gut genug sein. Sie hatte sich immer so angestrengt, ihn stolz zu machen, seinen Ansprüchen zu genügen. Doch nun wußte sie, sie konnte es gar nicht schaffen. Und sie wollte es auch nicht mehr.

***

"Also sag schon, woher wußtest du, wo wir waren?"

"Angelo hatte mir eine Mail geschickt. Ich dachte ja erst, du hättest die andere Mail schon gesehen. Ihr hattet echt Glück!"

"Welche andere Mail?"

"Die die Rotznasen dir geschickt haben." Sie deutete auf den Laptop. Jarod sah sie fragend an, aber sie lächelte nur geheimnisvoll. Also blieb ihm nichts anderes übrig, als seine Mailbox zu kontrollieren.

Er hatte eine neue Mail. Anonym mit Anhang. Er sah Sam fragend an.

"Neues Projekt des Trios." Sie nickte ihm auffordernd zu. Er öffnete den Anhang und wartete, bis das Bild geladen war.

Eine rothaarige Frau in einem dunklen Raum, ihre Lesebrille drohte ihr von der Nase zu rutschen. Sie hatte strahlend blaue Augen. Er kannte diese Frau: "Mutter..."

Seine Stimme versagte, alles was herauskam, war ein stummes Seufzen. Sam bedachte ihn mit einem letzten bedeutungsvollen Blick und ließ ihn dann allein.

***

Parker löschte die letzte Zeile wieder und tippte einen neuen Abschlußsatz. Dann lehnte sie sich zurück, um sich den Bericht noch einmal durchzulesen. Sie mußte immerzu an ihn denken. An seine Hände, die sich an sie klammerten, der Schweiß auf seiner heißen Stirn, seine Lippen auf den ihren. Sie lächelte leicht. Von all dem hatte sie natürlich nichts in den Bericht geschrieben, sie hatte ihn kurz und unpersönlich gehalten. Wieder mußte sie an Sams Worte denken und plötzlich zerbrach auch der letzte Faden. Die letzte Verbindung zu ihrem Vater, an der sie so krampfhaft festgehalten hatte. Die letzte Verbindung einer Tochter zu ihrem Erzeuger, der sie nie geliebt hatte, sie beinahe zerstört hatte. Sie konnte loslassen.

"Es wurde Zeit, Parker!"

"Halt die Klappe, Tommy, misch dich da nicht ein!"

"Er hat recht, Liebling, es ist gut so!"

"Mommy?"

"Ich bin so stolz auf dich, meine kleine Prinzessin, so stolz!"

Parker lächelte. In letzter Zeit hörte sie immer öfter Stimmen. Von Tommy, von ihrer Mutter von Faith ... zuerst hatte sie gedacht, sie verlöre den Verstand. Doch jetzt hatte sie sich daran gewöhnt. Auch ihre Träume wurden klarer, verständlicher. Parker wußte nicht warum, aber nicht nur ihre Einstellungen änderten sich - sie veränderte sich. Etwas, jemand war geweckt in ihr und sie fühlte sich seit langer Zeit wieder vollständig.

"Was grinst du so dämlich, Schwesterherz?" Lyle stand vor ihr. Er hatte wieder den korrekten, dunklen Anzug an. Sein fehlender Daumen war in weißen Handschuhen versteckt. Seine Haare waren kurz und glänzten, sein Drei-Tage-Bart war verschwunden.

"Ah, wieder zurück zum Urschleim!" Selbst ihr Bruder konnte ihr nicht die gute Laune verderben, die sie erfaßt hatte. Seine Augen straften seine Erscheinung Lügen. Der Mann, der vor ihr stand, war immer noch nicht Lyle, allerdings bezweifelte sie, daß es jemand anderes mitbekommen würde. Na ja, vielleicht, daß Angelo...

Bobby beugte sich vor, um Parker etwas ins Ohr zu flüstern: "Spotte nur, ich fühle mich wie ein Schimpanse in Lederhosen!" Parker mußte sich den Zwang, laut loszuprusten, verkneifen.

Sie brauchte eine Weile um sich zu fangen: " Oh...Okay, Bruderherz." Wieso betonte sie das neuerdings so häufig?

"Gib ihm eine Chance, Prinzessin, er ist dein Bruder!"

"Hast du schon was Neues von Sam gehört?"

Sie konnte Hoffnung in seinen Augen sehen.

"Nein, außer, daß ich sie gestern fast geschnappt hätte. Nein, nichts Neues!"

"Geschnappt, wieso? Was ist passiert?" Bobby erblaßte voll Sorge. Sam hatte wahrscheinlich nie seine Gefühle erwidert, aber Freunde, Freunde könnten sie ja vielleicht wieder werden. Sie durfte nicht zurück hierher, in diese Folterkammer. Er unterdrückte das Bedürfnis seine Schwester zu schütteln; er wollte alles aus ihr herausschütteln.

"Ich mach dir einen Vorschlag!" Parker sah ihn nachdenklich an.

"Und der wäre?" fragte er ungeduldig.

"Wir gehen zusammen Mittagessen, und ich beantworte deine Fragen und du meine! Wie wäre das?" Sie hob fragend eine Augenbraue. Er musterte sie skeptisch. Sam hatte ihr vertraut.

"Vertraue ihr! Sie ist die einzige deiner Familie, der du trauen kannst."

Diese Stimme nervte, sie kam immer in ungünstigen Zeiten. Seit er wieder Bobby war, hörte er öfter Stimmen aus dem Nichts, die ihm Dinge zuflüsterten. Die weiche Stimme - er wußte, wessen es war: die seiner Mutter. Er hatte immer noch das Weinen aus der Aufzeichnung im Ohr, als Raines ihr sagte, er wäre eine Totgeburt gewesen.

"Also was ist, Buck head." Parker stampfte ungeduldig.

"In Ordnung! Zum Essen, aber kein Chinesisch!"

"Warum nicht?"

"Lyle."

Er brauchte nur dieses Wort zu sagen, und sie verstand. Lyle hatte eine Affinität zu allem Asiatischen gehabt, verrückter kleiner Bastard.

***

"Also, raus mit der Sprache, wo habt ihr das her?" Jarod stand da und versuchte, sich zu beruhigen. Die drei Kinder rutschten unruhig auf den Stühlen hin und her.

"Falls ich dich da aufklären dürfte?" Sam nahm sich einen weiteren Stuhl und setzte sich neben Major Charles, der immer noch ungläubig das Foto seiner Frau anstarrte.

"Aber bitte!"

"Also dieses Gerät, das ihr entwickelt habt, ist ein Modem, richtig?"

"Eine Art Modem!" korrigierte Jack leise.

"Eine ART Modem: schnelle Übertragung, keine Rückverfolgung, Verschlüsselung, Suchmaschine..." Kay versuchte ihr Grinsen zu verstecken und starrte auf den gekachelten Fußboden.

"So ungefähr!"

"Und dann habt ihr gesucht und gefunden, richtig?!" Die Kinder nickten gleichzeitig.

"Und schon Kontakt aufgenommen?" Sam sah besonders die Zwillinge unnachgiebig an.

"Das Foto!" Jarod starrte Jay an. "Du hast mein Foto durchs Netz geschickt?"

"Es war nötig!"

"Es war gefährlich, ich hatte die örtliche Tageszeitung in der Hand!"

"Die Übertragung kann nicht abge..."

"Der Datentransfer vielleicht nicht, aber wenn dort nicht Margaret, sondern Mr. Raines am anderen Ende gesessen hätte!" Major Charles schüttelte mißbilligend den Kopf.

"Ah, es ist nicht eure Woche, mein Lieben. Ihr solltet euch wieder anderen Dingen zuwenden. Ich habe hier eine sehr schöne Aufgabe - und zwar berechnet ihr mir sämtliche Daten für einen Raumflug nach Andromeda. Alle Daten! Ich habe hier eine schöne Liste, die ihr abarbeiten werdet!" Sam kramte drei Blätter hervor, die dichtbepackt mit Fragen waren. Als sich die Zwillinge das durchlasen, stöhnten sie.

"Dazu brauchen wir Wochen!"

"Eben, das ist ja der Sinn der Sache; wenn ihr beschäftigt seid, könnt ihr keinen Schaden anrichten." Sam sah sie noch einmal ernst an und scheuchte sie dann rauf ins Kinderzimmer.

Nachdem die Kinder verschwunden waren, kicherte Sam.

"Das ist doch wirklich zum schreien!" Die beiden Männer sahen sie fragend an. "Was die vom Centre schon seit 30 Jahren nicht schaffen, finden die Gören in einem Monat heraus!" Sie schüttelte amüsiert den Kopf. "Wir sollten die Zeit genießen, irgendwann werden Ansammlungen von mehr als 2 Pretendern bestimmt verboten!"

Obwohl Jarod viel zu aufgeregt war, mußte er schmunzeln.

***

"In Ordnung, wer fängt an?"

"Ich fange an, immerhin habe ich den Vorschlag gemacht!" Parker winkte energisch die Kellnerin zu sich. "Zweimal das Tagesgericht und einen Espresso, extra stark!" rief sie.

"Erste Frage: Wer bist du?"

"Einfach, kann ich gut beantworten: Ich bin Bobby! Jetzt bin ich dran! Was ist gestern passiert?"

"Das ist eine gemeine Frage, meine war viel kürzer!"

"Frage ist Frage!"

"Ich hatte einen Tip, wo Jarod sein könnte, bin verunglückt, zusammen mit Jarod. Sam hat uns gefunden und uns aus dem Loch herausgeholt."

"Ist sie...?"

"Ich bin wieder dran: Was ist das für eine Sache mit diesem Lyle?"

"Ich war ein Projekt von Mr. Raines, ich mußte etliche Simulationen machen. Aber ich war nie besonders gut darin, hatte immer Schwierigkeiten wieder zurückzufinden. Ich haßte meine Stiefeltern, ich haßte Raines. Ich war empfänglich für Eduard Lyle Pioro, einen Massenmörder, und konnte die Simulation nicht beenden."

"Jarod hat erzählt, daß einen der Mentor zurückholen kann."

Bobby sah seine Schwester nur an, sie kannte die Antwort schon vorher: "Raines!"

Er nickte: "Ich bin wieder dran: Ist Sam mit Jarod...?"

"Eifersüchtig?" Wieder ein vorwurfsvoller Blick.

Sie seufzte und massierte sich den Nacken: "Ich glaube nicht." Eine Weile herrschte Schweigen zwischen den beiden. Dann kam die Kellnerin mit dem dampfenden Essen.

***

"Was?" Sie murmelte verschlafen in ihre Taschenlampe. Sie öffnete vorsichtig ein Auge und ergriff schließlich das noch immer klingelnde Telefon.

"Was?"

"Na, noch wach, Parker?"

"Jarod, du hast mich geweckt!"

"Entschuldige, das wollte ich nicht!" Sie konnte ihn leise lachen hören.

"Ich merke, es geht dir schon wieder richtig gut!"

"Es geht, die Erinnerungen kommen langsam wieder." Sie schluckte.

"Ach wirklich?" Sie mußte sich räuspern, ihre Stimme klang etwas höher als normal.

>Beruhig dich, Parker.< Sie atmete tief durch.

"Parker? Hast du gehört?"

"Was? Nein, ich ... Weißt du was, ruf doch einfach morgen noch mal an, wenn ich wach bin." Sie war wach, hellwach sogar, aber sie brauchte Zeit. Zeit, um sich was einfallen zu lassen.

"Weißt du Parker, ich fand unsere Gespräche interessant!"

Welche Gespräche?

"Welche Gespräche?" wiederholte sie laut.

"Erinnerst du dich nicht an unsere Gespräche?" Er betonte das Wort Gespräch so komisch, oh nein, er wußte es.

"Ach das! Ich glaub dir immer noch kein Wort von dem, was du gesagt hast!"

"Oh, du kannst mir glauben, ich hab das wirklich ernst gemeint!" Ihr blieb das Herz fast stehen. Meinte er das, was sie da raushörte? Oh Gott, was würde sie jetzt dafür geben, ihm in die Augen zu sehen, dann wüßte sie es genau.

"Genauso wie ich." War sie verrückt geworden, hatte sie das eben wirklich gesagt? War sie denn von allen guten Geistern verlassen? Sie legte auf. Wieso hatte sie das gesagt? Wieso? Wenn er es nun falsch verstand, wenn... wenn er es richtig verstand? Verstand sie es denn selber? Was, zum Teufel, hatte sie gemeint? Parker starrte auf das Telefon, aber es blieb ruhig.

***

"Was?" Sie hörte sich richtig verschlafen an.

"Na, noch wach, Parker?"

"Jarod, du hast mich geweckt!" Er schmunzelte, er liebte es, sie nachts aus dem Bett zu klingeln. Sie war dann immer so knarrig.

"Entschuldige, das wollte ich nicht!" Er lachte leise beim Gedanken an ihr genervtes Gesicht.

"Ich merke, es geht dir schon wieder richtig gut!" Genau das richtige Thema, darüber wollte er auch sprechen.

"Es geht, die Erinnerungen kommen langsam wieder."

'So, der Köder ist ausgelegt, wie Sam das so schön ausgedrückt hat, mal sehen was anbeißt.'

"Es war doch wie in guten alten Zeiten, wir zwei, in dunklen Räumen, alleine." Jarod wartete eine Minute, doch er konnte nur das regelmäßige Atmen am anderen Ende der Leitung hören. "Parker? Hast du gehört?"

"Was? Nein, ich ... Weißt du was, ruf doch einfach morgen noch mal an, wenn ich wach bin."

Nein, keine Chance, er wollte es jetzt wissen.

"Weißt du Parker, ich fand unsere Gespräche interessant!" War das indirekt genug?

"Welche Gespräche?" Er hörte ihr schweres Schlucken.

"Erinnerst du dich nicht an unsere Gespräche?" Er war sich ziemlich sicher, daß da wirklich was gewesen war. Da unten im Dunkeln.

"Ach das! Ich glaub dir immer noch kein Wort von dem, was du gesagt hast!"

Wovon redete sie bloß?

"Oh, du kannst mir glauben, ich hab das wirklich ernst gemeint!"

"Genauso wie ich." Dann ein lautes Knacken, sie hatte die Verbindung unterbrochen. Er starrte auf das Telefon, unfähig aufzulegen. Das regelmäßige Störzeichen brannte in seinen Ohren. Er schloß die Augen und konzentrierte sich.









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